Autogenes Training – eine Anleitung
Warum du als Mutter eines Kindes mit Besonderheit besonders davon profitierst
Als Mutter eines Kindes, das mehr braucht, bist du jeden Tag mit Krisen, Stress und Herausforderungen konfrontiert. Entspannungstechniken können dir helfen, nachhaltig deine Gesundheit zu schützen. Autogenes Training ist dafür besonders geeignet. Erfahre hier, wie du es ganz einfach und ohne großen Zeitaufwand lernen und anwenden kannst.
Es ist Viertel vor drei in der Nacht. Inga schlägt die Augen auf. Sie blickt auf die Ziffern ihres Radioweckers. Nicht schon wieder, denkt sie. Ich will schlafen. Wie soll ich sonst den Tag morgen schaffen?
Als wäre das das Stichwort, fällt ihr ein, was morgen alles ansteht. Anke hat ihren zweiten Praktikumstag in der Großküche. Der erste lief nicht gut. Die ungewohnte Umgebung, die neuen Aufgaben. Für Anke war es nicht leicht mitzukommen. Abends war sie müde und niedergeschlagen gewesen.
Was kann ich nur tun, um ihr zu helfen?, fragt sich Inga. Sie grübelt, aber es fällt ihr nichts ein, was sie nicht schon ausprobiert hätte. Sorgen breiten sich in ihr aus. Nicht mehr lang, und Anke ist erwachsen. Wie wird ihr Leben dann wohl aussehen? Werden wir einen Platz für sie finden, an dem sie sich wohlfühlt? Und was wird sein, wenn wir nicht mehr da sind oder zu alt, um uns zu kümmern?
Inga ist jetzt vollends wach. Sie merkt nicht, dass ihre Zähne fest aufeinandergepresst sind. Ihr Körper angespannt. Sie hat Bauchschmerzen.
Beim nächsten Blick auf den Wecker ist eine Stunde vergangen. Inga ist verzweifelt. Sie möchte schlafen. Aber wie bringt man dieses Gedankenkarussell zur Ruhe? Und was hilft gegen die Schmerzen und die Anspannung?
Autogenes Training: Linderung bei Stress und Schlafproblemen
Vielleicht geht es dir manchmal ähnlich wie Inga. Sorgen lassen dich nachts wach liegen. Stress und Probleme führen dazu, dass du angespannt bist, gereizt oder nervös. Manchmal bringen sie auch Symptome mit – wie Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme oder Verdauungsbeschwerden.
Entspannungstechniken können diesen Teufelskreis unterbrechen. Autogenes Training ist eine davon. Es würde Inga zum Beispiel in dieser Nacht helfen, körperliche Anspannung zu lösen, die Gedanken zu beruhigen und wieder einzuschlafen.
Das Tolle daran: Autogenes Training ist leicht lernbar, und du kannst es mit etwas Übung jederzeit und überall anwenden.
Was ist Autogenes Training?
Autogenes Training gibt es seit ungefähr hundert Jahren: Es ist eine Entspannungstechnik, die mit Hypnose verwandt ist und tiefenentspannend wirkt. Mit Hilfe von sogenannten Autosuggestionen (das sind „Befehle“, die du dir selbst gibst) versetzt du dich in einen Zustand der Ruhe und Entspannung.
Der Kerngedanke beim Autogenen Training ist, dass du dich selbst, ohne Zutun von außen, zum Entspannen bringst – “autogen” bedeutet so viel wie “selbst erzeugt”. Autogenes Training ist eine anerkannte Entspannungsmethode, die zum Beispiel bei Schlafstörungen oder zur Burnout-Prävention eingesetzt wird.
Warum ich als Mutter eines Kindes mit Behinderung Autogenes Training empfehle
Als Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom nutze ich Autogenes Training besonders gerne. Ich finde es perfekt für Mütter wie uns, deren Kinder mehr brauchen. Und das aus drei Gründen:
- AT (so die Abkürzung) bringt den ganzen Körper zur Ruhe – von den Muskeln, über das Nervensystem bis zu den Organen. Wohltuend, wenn du häufig angespannt und innerlich unruhig bist.
- Es ist eine Technik, mit der du lernst, deine Gedanken bewusst zu lenken – und im Kopf für Ruhe zu sorgen, wenn Ängste und Alltagssorgen sich melden.
- Mit etwas Übung und Routine lässt sich Autogenes Training immer und überall anwenden – vor dem Einschlafen, im Bus, im Büro. Und auch in winzigen Pausen zwischendurch.
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Je nachdem, was sich für dich bequemer anfühlt, kannst du Autogenes Training im Sitzen oder im Liegen praktizieren. Deine Augen sind dabei geschlossen.
Eine Sitzung besteht aus einer Abfolge einzelner Übungen, die du nacheinander machst. Eine Übung läuft so ab, dass du dir eine Autosuggestion in Gedanken vorsprichst und dir die körperliche Reaktion vorstellst, bis du den Effekt spürst.
Ich erkläre dir die Übungen nun Schritt für Schritt:
Übung 1: Die Ruhe-Übung
- Autosuggestion: “Ich bin ruhig und entspannt.”
- Vorstellung: Du lässt den Stress des Alltags los und deine Muskeln werden locker.
- Positiver Effekt: Der Streit am Morgen, der Ärger mit der Schule – du blendest alles aus und spürst, wie deine Anspannung sich löst.
Den Satz “Ich bin ruhig und entspannt” wiederholst du vor jeder weiteren Übung.
Übung 2: Die Schwere-Übung
- Autosuggestion: “Mein rechter Arm ist ganz schwer.”
- Vorstellung: Ein unsichtbares Gewicht zieht deinen rechten Arm nach unten.
- Positiver Effekt: Echte Tiefenentspannung kommt in deinem Mutteralltag oft zu kurz. Mit dieser Übung sorgst du bewusst dafür.
Warum nur der rechte Arm?
Du lenkst deine Konzentration auf deinen rechten Arm. Das Gefühl der Schwere breitet sich aber nach und nach automatisch in deinem ganzen Körper aus. Das nennt man Generalisierung. Diesen Effekt wirst du auch bei der nächsten Übung wahrnehmen.
Übung 3: Die Wärme-Übung
- Autosuggestion: “Mein rechter Arm ist angenehm warm.”
- Vorstellung: Du steigst in eine Badewanne und spürst, wie das Wasser deinen Körper aufwärmt.
- Positiver Effekt: Dich selbst wärmen ist ein liebevoller Akt der Selbstfürsorge. In dieser Form dauert er nicht lang, erfordert keinen Aufwand, entfaltet aber spürbar Wirkung.
Übung 4: Die Atem-Übung
- Autosuggestion: “Mein Atem fließt ruhig und gleichmäßig.”
- Vorstellung: Wie eine sanfte Welle strömt dein Atem immer wieder durch dich hindurch – vom Einatmen durch die Nase bis tief in deinen Bauchraum.
- Positiver Effekt: Zeitdruck und Stress bringen dich oft aus deinem Rhythmus. Dein Atem hilft dir, ihn wiederzufinden.
Übung 5: Die Sonnen-Übung
- Autosuggestion: “Mein Atem fließt ruhig und gleichmäßig.”
- Vorstellung: Wie eine sanfte Welle strömt dein Atem immer wieder durch dich hindurch – vom Einatmen durch die Nase bis tief in deinen Bauchraum.
- Positiver Effekt: Zeitdruck und Stress bringen dich oft aus deinem Rhythmus. Dein Atem hilft dir, ihn wiederzufinden.
Übung 6: Die Herz-Übung
- Autosuggestion: “Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig.”
- Vorstellung: Spüre in dich hinein und nimm wahr, wie dein Herz in deiner Brust schlägt.
- Positiver Effekt: An manchen Tagen drücken Sorgen und negative Gedanken dich nieder. Nun spürst du, dass du am Leben bist und eine starke innere Kraft dich antreibt. Außerdem beruhigst du mit dieser Übung deinen Herzschlag und kannst deinen Puls senken.
Übung 7: Die Kopf-Übung
- Autosuggestion: “Meine Stirn ist angenehm kühl.”
- Vorstellung: Ein kühler Luftstrom weht wie durch ein offenes Fenster in deinen Kopf und pustet alle Gedanken fort. Zurück bleibt das Gefühl der Frische und Klarheit.
- Positiver Effekt: Als Mutter eines Kindes mit besonderen Bedürfnissen trägst du extra viel Mental Load mit dir herum. So linderst du das Gefühl der Schwere und Last.
Die Rücknahme - entfalte die größtmögliche Wirkung
Wenn du tagsüber Autogenes Training machst, solltest du mit einer Rücknahme enden. Sonst kann es sein, dass du dich danach müde und energielos fühlst, weil du nicht wieder richtig zurückkommst in diesen Augenblick.
Auch hierfür nutzt du einen Befehl oder eine Autosuggestion wie zum Beispiel: “Augen auf – ich bin frisch und ausgeruht”.
Damit setzt du der Tiefenentspannung ein Ende und holst dich selbst in einen wachen und klaren Zustand zurück.Um das zu verstärken, kannst du ein paar tiefe Atemzüge nehmen und dich einmal recken und strecken.
Baue dir deine Übungsroutine auf
Vielleicht fragst du dich jetzt: Wie lerne ich Autogenes Training? Wie lange braucht es dafür? Und wie lange dauert so eine Sitzung?
Ich empfehle dir, es in kleine Schritte herunterzubrechen. Eine Übungsroutine hilft dir, dich nicht zu überfordern – und trotzdem schnell Wirkung zu spüren.
Hier ein Wochenplan, der mir geholfen hat:
# Nimm dir einmal am Tag etwa 3-5 Minuten Zeit, zum Beispiel abends im Bett vor dem Einschlafen.
# Nimm dir vor, eine Übung pro Woche zu lernen, und beginne mit der Ruhe-Übung.
# Wenn sie gut klappt, nimm in der folgenden Woche die Schwere-Übung dazu. Lass dir Zeit: Wichtig ist, den Effekt wirklich zu spüren.
# Woche für Woche nimmst du eine weitere Übung dazu, bis du alle sicher beherrschst.
Wie oft du Autogenes Training praktizieren solltest
Wie bei allen Entspannungstechniken ist es auch beim Autogenen Training so: Am meisten hast du davon, wenn du es regelmäßig anwendest.
Das muss nicht täglich sein, aber schon mehrmals die Woche – so mache ich es jedenfalls, mit gutem Effekt. Es dauert ja nicht lang, am Anfang vielleicht fünf Minuten, mit etwas Übung noch weniger.
Wenn du bewusste Entspannung zum festen Bestandteil deines Alltags machst, wirst du bald merken, wie du dich nach der Arbeit leichter fühlst, wie du in stressigen Situationen mit deinem Kind ruhiger bleibst – und nachts wieder gut einschlafen kannst.
So übst du Autogenes Training
- Nimm dir einmal am Tag etwa 3-5 Minuten Zeit.
- Beginne in der ersten Woche mit der Ruhe-Übung.
- Übe sie regelmäßig, bis der Effekt sich sicher einstellt.
- Nimm in jeder folgenden Woche eine weitere Übung hinzu.
- Wende AT regelmäßig an: vor dem Einschlafen, wenn du nachts wach liegst, in stressigen Situationen.
Fazit
- Autogenes Training ist eine Entspannungstechnik, die sich nachweislich positiv auf die körperliche und mentale Gesundheit auswirkt.
- Gerade Müttern, deren Kinder sie mehr fordern, kann AT helfen, zur Ruhe zu kommen und kreisende Gedanken zu unterbrechen.
- Damit Autogenes Training seine positive Wirkung entfaltet, sollte es – wie jede Entspannungsmethode – regelmäßig angewendet werden.
Wie groß ist dein Bedürfnis nach Entspannung?
Du stehst auch oft unter Strom und es fällt dir schwer, Erholung zu finden? Dann bist du damit nicht allein! Wenn du magst, dann abonniere meinen Blog: So erhältst du immer wieder Anregungen und Impulse, wie du durch Entspannungstechniken und andere Methoden mehr Ruhe und Leichtigkeit in deinen vollen Alltag bringst.


Hallo Alexandra, ich bin keine Mama, aber Ehefrau eines Mannes mit einer stark ausgeprägten Autoimmunkrankheit. Autogenes Training hilft mir sehr bei innerem Stress, mit dem ich oft zu kämpfen habe. Die Übungen mache ich oft morgens, um gestärkt in den Tag zu starten. Dabei gebe ich mir die Anweisungen nicht selbst sondern folge einer aufgenommenen Stimme, die für mich angenehm klingt.
Ich habe Autogenes Training noch nie vor dem Schlafengehen ausprobiert, das ist ein guter Tipp, danke dafür!
Liebe Franziska, toll, dass Dir Autogenes Training gut hilft. Ich nutze es auch regelmäßig, um Anspannung abzubauen. Das mit der aufgenommenen Stimme klingt toll, gerade am Anfang hilft das bestimmt sehr, dass die Gedanken nicht abschweifen. Ich wünsche Dir alles Gute!