Als Mama eines besonderen Kindes stehen täglich eine Unmenge an To dos an. Unsere Kinder brauchen uns, unsere Jobs stellen Anforderungen und dann sind da noch Partner*in, Haushalt und der Freundeskreis. So passiert es schnell, dass wir unsere Bedürfnisse aus den Augen verlieren. Wie du im herausfordernden Alltag gut für dich selbst sorgst, erfährst du hier.
„Du musst einfach mal richtig entspannen.“
„Du musst dir regelmäßig Auszeiten nehmen.“
„Du musst endlich deinen Perfektionismus ablegen.“
„Du musst…“
„Du musst…“
Ich habe schon viele gut gemeinte Ratschläge bekommen. Von Verwandten, Freundinnen, Kolleginnen. Von Menschen, die es gut meinen. Von Menschen, die mit schwierigen Themen nicht gut umgehen können.
Mal für ein paar Tage verreisen. Abends ein Bad nehmen. Einen schönen Spaziergang machen. Diese Tipps habe ich bekommen lange bevor Selfcare zum Trendthema wurde.
Wenn du auch ein Kind mit besonderen Anforderungen hast, kommt dir das sicher bekannt vor.
Entspann dich! Jetzt!
Ich weiß nicht, wie es dir geht. Aber wenn ich mir tatsächlich vorgenommen habe, abends ein Bad zu nehmen, hatte ich genau in dem Moment keine Lust darauf. Wenn ich zum Spaziergang aufbrechen wollte, fing es an zu regnen. Wenn ich mit der Entspannungsmeditation anfing, klingelte der Paketbote.
Es ist nichts falsch daran, sich regelmäßige Auszeiten zu nehmen. Auch die Empfehlung, Me-Time in den Kalender einzutragen, klingt überzeugend. Das Problem ist nur: Im Alltag mit einem besonderen Kind ist oft nicht viel planbar. Ich kann mich nicht in der Badewanne entspannen, wenn mein Kind schlecht drauf ist und meine Nähe braucht.
Und: Ich brauche keine weiteren Termine, To-dos und Verpflichtungen. Auch nicht, wenn sie einer guten Sache dienen. Ich schaffe doch schon so vieles von dem nicht, was ich mir jeden Tag vornehme. Wenn dazu auch noch die nicht unternommenen Spaziergänge, die verschobenen Schaumbäder und das abgesagte Date mit mir selbst kommen, fühle ich mich nicht besser. Sondern habe erst recht das Gefühl, nichts auf die Reihe zu bekommen.
Wie wir Selbstfürsorge zur Einstellung machen
Und doch ist sie wichtig: die Zeit nur für uns. Zum Durchatmen, Augen schließen, alle Viere von sich strecken. Für die Tasse Tee ohne Störung und Unterbrechung.
Für Selbstfürsorge. Die nicht verordnet, sondern gelebt wird. Indem wir sie uns zu einer Frage der Einstellung machen. Der Einstellung uns selbst gegenüber.
Selbstfürsorge gelingt, wenn sie auf ein Fundament der Selbstliebe fällt. Jemand, der sich selbst als wertvoll empfindet, der einen positiven, liebevollen Blick auf sich selbst hat, wird automatisch gut für sich sorgen. Etwas, das man sehr wertschätzt, behandelt man pfleglich.
Wie gut bist du darin, dich selbst wohlwollend, wertschätzend, liebevoll zu betrachten? Und gut für dich selbst zu sorgen?
Ich habe dir hier sieben Ideen zusammengestellt, wie du diesen liebevollen Blick auf dich selbst entwickeln oder noch weiter stärken kannst. Jeden Tag. Durch kleine Momente und Akte der Selbstfürsorge. Ohne Druck und ohne Angst zu versagen.
1: Lebe das Gut-genug-Prinzip
Wie oft hattest du schon den Gedanken, dass dein Kind schon viel mehr können würde, viel weiter wäre in seiner Entwicklung, wenn du nur konsequenter und regelmäßiger mit ihm geübt hättest? Hast du dich auch schon mal mit anderen Müttern verglichen, bei denen scheinbar alles so spielend leicht klappt?
Solche Zweifel, Gedanken und Vergleiche setzen unter Druck. Und noch mehr Druck ist das, was wir nicht gebrauchen können.
Es ist okay, wenn du den bequemen Weg gehst – denn dein Leben ist schon alles andere als bequem. Es ist okay, nicht jeden Tag frisch zu kochen, dein Kind vor den Bildschirm zu setzen, damit du mal einen Moment für dich hast. Es ist okay, wenn deine Wohnung nicht so aussieht, dass du spontan darin ein Foto für Instagram machen könntest.
Du stehst jeden Tag an der Seite deines Kindes. Du schenkst ihm alles, was du an Liebe, Kraft, Zeit und Fürsorge geben kannst. Und das ist eine ganze Menge. Vor allem ist es: genug.
Du tust genug.
Du bist genug.
2: Alte Verletzungen heilen
Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man. Auf manche trifft das zu. Andere sind so tief, dass sie die Zeit überdauern. Wir gewöhnen uns so sehr an ihren Schmerz, dass wir ihn irgendwann gar nicht mehr wahrnehmen.
So bleiben diese Verletzungen unverheilt in uns. Und steuern unsere Gedanken, unsere Gefühle, unser Handeln. Sie bewirken, dass wir uns selbst abwerten. Dass wir es lieber anderen recht machen als uns selbst. Sie sorgen dafür, dass wir uns nichts zutrauen. Dass wir denken, wir dürften nicht glücklich sein.
Es kann sehr schmerzhaft, aber eben auch heilsam sein, sich diesen Verletzungen zu stellen. Sie wahrzunehmen und zu akzeptieren, dass uns jemand Schmerz zugefügt hat. Niemand hat das Recht dazu. Und so liegt es an uns, unsere Wunden zu pflegen, bis sie verheilt sind.
Nur so schützen wir uns. Vor weiteren Verletzungen. Und vor Schmerz.
3: Check-ins, um Bedürfnisse zu erkennen
Der Tag beginnt mit Hektik und geht mit Chaos weiter. Die Zeit rennt schneller, als wir dachten, die To-do-Liste ist zu voll und wir versuchen verzweifelt, die zu vielen Bälle in der Luft zu halten.
So geht es mir häufig. Auch wenn ich vorher alles noch so gut geplant hatte. Was an diesen Tagen als erstes wegfällt, bin ich. Meine Bedürfnisse. Meine Gefühle. Erschöpfung, Hunger, Durst? Oft nehme ich das gar nicht wahr, weil ich von allem anderen so sehr absorbiert bin.
Was mir dagegen hilft, sind regelmäßige, über den Tag verteilte Check-ins in meinen Körper. Dafür schließe ich kurz die Augen, atme einmal tief ein und aus und wandere mit meiner Aufmerksamkeit von unten nach oben, von den Zehenspitzen bis zum Scheitel. Ich achte darauf, was ich wahrnehme, wie sich die einzelnen Körperregionen anfühlen. Welche Botschaften mein Körper für mich hat.
Es ist ein kleines Ritual, du kannst es überall durchführen und brauchst nichts weiter dafür. Noch nicht mal besonders viel Zeit. Ein paar Augenblicke reichen aus. Und schon bist du wieder in Verbindung mit dir.
4: Essen, wenn du hungrig bist
Mal ganz ehrlich: Aus welchen Gründen greifst du im Laufe eines Tages zum Essen? Isst du, weil es gerade Zeit dafür ist? Weil ihr feste Essenszeiten als Familie habt? Weil es irgendwo gut riecht? Oder weil Essen so wunderbar die Nerven beruhigt?
Bei mir ist es häufig eine Mischung aus allem. Und wenn ich müde werde, koche ich mir einen leckeren Milchkaffee.
Unser Körper braucht Nahrung, das ist klar. Er braucht allerdings wesentlich weniger davon als wir, die wir ständig von Essen umgeben sind, annehmen. Unser Körper signalisiert uns durch Hunger, wenn er neue Nahrung braucht.
Essen wir, ohne hungrig zu sein, nehmen wir zu. It’s that simple. Wir zwingen unseren Körper aber auch, ununterbrochen Verdauungsarbeit zu leisten. Und dafür benötigt er Energie. Energie, die an anderer Stelle fehlt: für das gemeinsame Spielen zum Beispiel. Für einen Spaziergang. Für andere Aktivitäten.
Essen ist Selbstfürsorge. Das bedeutet, dass wir unserem Körper geben, was er braucht. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr.
5: Pause machen, wenn du erschöpft bist
Häufig eile ich mit Tunnelblick durch den Tag. Dann denke ich, ich müsste „nur noch schnell“ dies und das erledigen und dann mache ich Pause. Aber wenn ich bei dies angekommen bin, entdecke ich jenes. Habe ich jenes erledigt, stolpere ich über etwas anderes. Und so komme ich vom Ästchen aufs Stöckchen und auf einmal ist Abend und ich frage mich, was ich eigentlich den ganzen Tag gemacht habe.
Was ich selbstverständlich nicht gemacht habe, ist Pause. Denn irgendwie kam immer was dazwischen.
Manchmal frage ich mich, warum ich am Ende eines Tages so erledigt bin. Und komme nicht drauf. So anstrengend war es doch eigentlich nicht, denke ich. Woran ich nicht denke ist: Arbeit kostet Energie. Wenn wir Energie verbrauchen, müssen wir regenerieren, um neue Energie aufzubauen. Das ist ein sehr einfacher Kreislauf. Aber offenbar nicht einfach genug, um sich daran zu halten.
Ich überlege mir nun vorher, wie viel Zeit ich für eine Aufgabe aufwenden möchte. Dann stelle ich mir einen Wecker. Wenn die Zeit abgelaufen ist, höre ich auf. Und mache Pause. Mal kürzer, mal etwas länger.
Zwei Dinge habe ich dadurch gelernt: Wenn ich immer wieder Energie nachtanke, bin ich weniger erschöpft. Und: Das, was ich an einem Tag schaffen kann, ist begrenzt. Und wenn ich mich noch so sehr beeile. So einfach ist es. Und so befreiend.
6: Neue, positive Glaubenssätze finden
„Ich bin nur eine gute Mutter, wenn ich die Bedürfnisse meines Kindes über meine stelle.“
„Ich muss alles richtig machen, weil es meinem Kind sonst nicht gut geht.“
„Wenn es bei uns nicht so aussieht wie auf den Instagram-Bildern der anderen, habe ich versagt.“
Kennst du solche Gedanken? Sie schlummern in jeder von uns. Unser innerer Antreiber will uns eigentlich anspornen, zum Erfolg bringen, uns motivieren.
In Wahrheit aber setzen diese Gedanken unter Druck, werten ab, rauben jede Kraft.
Nur weil sie so tief eingegraben sind in unseren Köpfen, haben sie eine solche Macht über uns. Aber wir sind ihnen nicht hilflos ausgeliefert. Wir können diese schädlichen Glaubenssätze durch neue, ermutigende ersetzen.
Unser Gehirn besteht aus einer unendlichen Vielzahl an Vernetzungen. Sie sind wie Autobahnen, auf denen unsere automatisierten Gedanken hin und her flitzen. Autobahnen kann man stilllegen, umbauen, in andere Richtungen leiten.
Das gelingt uns, indem wir diese schädlichen Gedanken hinterfragen, sie entlarven und an ihre Stelle neue, positive setzen. Und uns diese immer wieder bewusst machen. Ständig. Wie ein Mantra. Irgendwann flitzen dann diese bestärkenden Gedanken auf unseren Kopfautobahnen hin und her.
Und lassen uns zu dem Menschen werden, der wir eigentlich sind.
7: Deinen Gefühlszustand positiv beeinflussen
Schlechte Laune heute? Ein blöder Tag? Heute geht aber auch alles schief?
Manchmal denken wir, es kann uns erst wieder besser gehen, wenn dieser Tag endlich vorbei ist.
Unser Wohlbefinden hängt aber nicht davon ab, was für ein Tag ist. Wir können selbst entscheiden, wie wir uns fühlen. Ob wir lustlos an uns selbst zweifeln oder beschwingt und voller Selbstvertrauen sind.
Und so kannst du deinen Gefühlszustand positiv beeinflussen:
Körperlich: indem du dich aufrecht hinsetzt oder hinstellst, lächelst, mit kraftvoller Stimme sprichst und bewusst und tief atmest
Mental: indem du dir schöne Erlebnisse oder Erfolgsmomente in Erinnerung rufst, positive Glaubenssätze wiederholst und liebevoll mit dir selbst sprichst
Probiere es aus.
Du bist kein Opfer äußerer Umstände.
Du entscheidest selbst, wer du bist und wie du dich fühlst.
Zum Schluss noch ein Bonus-Tipp
Selbstfürsorge beginnt mit einem wohlwollenden Blick auf dich selbst. Mit liebevollen Gedanken über dich, deinen Körper, deine Entscheidungen. Auch wenn nicht alles optimal läuft: Sei großzügig mit dir, verzeihe dir Fehler und lächele dir im Spiegel häufiger zu.
Mit anderen Personen würdest du so auch umgehen. Warum dann also nicht mit dir selbst?
Mamas stärken Mamas
Kennst du andere Frauen, die ihre Bedürfnisse zu häufig aus dem Blick verlieren? Dann teile diesen Beitrag mit ihnen und motiviere sie, liebevoller auf die eigenen Bedürfnisse zu achten.