Mental Load reduzieren – mehr Ruhe im Kopf finden

So entschleunigst du das ständige Gedankenkarussell

An der Supermarktkasse, kurz vor der Feierabend-Rushour. Das Fließband hält an. Dabei ist Sarinas Einkaufswagen noch halbvoll. Es stresst sie, dass es nur stockend vorwärts geht.

Vor ihr noch drei Leute. Doch, es müsste klappen, dass sie pünktlich zu Hause ist, bevor der Schulbus anruft. Hoffentlich macht Felix diesmal bei der Logopädie mit. Letztes Mal hat er sich geweigert. Die Verordnung darf ich nicht vergessen. Ob ich die halbe Stunde im Wartezimmer heute wohl für mich habe?, überlegt Sarina. Dann könnte ich die Mail an Janas Klassenlehrerin schreiben. 

Endlich, es geht weiter. Sarina legt die letzten Artikel aufs Kassenband. Der Mann vor ihr packt seinen Einkauf ein. Die Kassiererin beginnt, Sarinas Artikel über den Scanner zu ziehen. Der Mann ist langsam und ein bisschen umständlich. Nun mischen sich seine und Sarinas Einkäufe. Sarina fischt ihre heraus und packt sie in ihren Korb.

Warum braucht der so lange? Sarina ist genervt. Und hat doch Mitgefühl. Der Mann ist alt. Er kommt mit dem Tempo an der Kasse nicht mit. Es rührt sie. Aber dann fällt ihr Blick auf die Uhr. Noch zwanzig Minuten bis der Bus kommt. Ich muss die Einkäufe zu Hause auch noch einräumen. Sarina überschlägt in Gedanken, wie lange sie wohl für alles braucht.

Ihr letzter Artikel ist dran. Die Kassiererin öffnet den Eierkarton. Kontrolliert, was darin ist. Warum machen sie das eigentlich immer?, denkt Sarina. Und gleichzeitig: Reichen die Eier überhaupt? Ich muss doch noch den Kuchen für Janas Schulfeier backen. Ganz in Gedanken verstaut sie nun auch noch die Eier und greift in ihre Handtasche, um das Portemonnaie herauszuholen.

Vielleicht mache ich doch den Kuchen, der schneller geht, überlegt Sarina dabei. Eigentlich könnte auch Holger ihn backen. Ach nein, er hat ja nach der Arbeit den Arzttermin. Sarina wühlt weiter. Wo ist denn nur …? Sie wirft einen Blick in ihre Tasche. 

Oh nein. Der Geldbeutel steckt ja noch im Rucksack, den sie heute mit zur Arbeit genommen hat. Und der ist daheim. Sie wollte ihn noch umpacken. Aber dann war ihr eingefallen, dass sie auf dem Weg zum Supermarkt doch noch schnell das Altglas entsorgen kann.

Was ist Mental Load?

Mental Load ist buchstäblich die „mentale Last“, die du in deinem Kopf herumträgst. Unter Mental Load fällt alles, was im Leben einer Familie geplant, bedacht und umgesetzt werden muss: vom Elterngespräch in der Kita, über die Essensvorlieben der Kinder bis hin zum Geschenk für die Goldene Hochzeit der Verwandten.

Das Problem am Mental Load ist, dass er unsichtbar ist. Er zeigt sich in einem unaufhörlichen Gedankenstrom – Tag wie Nacht. So stellt er eine enorme Stressbelastung dar, die im schlimmsten Fall zu gesundheitlichen Folgen wie einer Burnout-Erkrankung führen kann.

Wenn von Mental Load gesprochen wird, geht es meistens auch um Fragen wie die gerechte Verteilung von Care-Arbeit (Gender Care Gap) und die geringeren Verdienstchancen von Frauen (Gender Pay Gap).

Ursachen von Mental Load

“Wir mussten auch an all diese Sachen denken und haben es trotzdem hingekriegt!”, hören wir häufig von der älteren Generation. Frauensolidarität sieht anders aus.

Aber ist es wirklich so? Stellen Mütter sich heute einfach zu sehr an? Sind sie nicht belastbar genug und jammern zu viel? Ganz so leicht ist es nicht. Denn es hat sich einiges geändert. 

  • Frauen sind heute in der Regel berufstätig, auch wenn sie Kinder haben. Nur: Die Erwartungen an eine “gute Mutter” haben sich nicht gleichermaßen weiterentwickelt. Frauen sollen heute einfach alles schaffen: die Mutterrolle ausfüllen, die Familie managen, Karrierefrau und attraktive Partnerin sein.
  • Dazu kommt, dass der Alltag komplexer geworden ist. Das Tempo ist viel höher als zu der Zeit, als unsere Mütter jung waren. Die Digitalisierung macht vieles möglich und erleichtert einiges – aber sie erzeugt auch Druck, ständig verfügbar zu sein und immer gleich zu reagieren. Verschnaufpausen gibt es da kaum noch.
  • Und auch das spielt eine Rolle: Die Ansprüche an Eltern sind gestiegen. Wir wissen mittlerweile viel mehr darüber, was Kinder brauchen, um sich gut zu entwickeln. Mütter und Väter stehen heute unter dem Druck, diese Voraussetzungen zu schaffen: Förderung, quality time als Familie, Sport, Kreativität, Sozialkontakte. Ein ganz schön üppiges Programm im Vergleich zu früher, als Kinder einfach loszogen und abends wieder nach Hause kamen.

Was hilft gegen Mental Load?

Aber zurück zu Sarina. Sie ist hervorragend organisiert – und trotzdem hat sie manchmal das Gefühl, dass ihr fast der Kopf zerspringt. Weil sich in den Strom der Gedanken immer neue einreihen.

Bei Sarina kommt hinzu, dass sie nicht nur das “normale” Familienprogramm bewältigen muss. Ihr neunjähriger Sohn Felix ist Autist. Für sie bedeutet das neben vielen Sorgen, dass sie ein Zusatzpaket an mentaler Belastung mit sich herumträgt.

Ihr Mann Holger ist ein engagierter Vater. Und trotzdem geht er stillschweigend davon aus, dass Sarina ihm sagt, was er zu tun hat. Denn wie soll er sich die Kleidergrößen seiner Kinder merken? Die ändern sich ja dauernd!

Es gibt nicht den einen Ausweg aus der mentalen Belastung. Jede Familie ist anders und hat ihre spezifischen Herausforderungen. Ich möchte deshalb im Folgenden vier Hebel vorstellen, an denen Sarina ansetzen könnte – und die vielleicht auch dir weiterhelfen könnten.

Care Arbeit fairer verteilen

Ein konkreter Schritt wäre, die meist unsichtbaren Aufgaben erst einmal sichtbar zu machen. Eine Familien-To-do-Liste hilft hier weiter. Sarina könnte all die regelmäßigen Aufgaben notieren und hinzufügen, wer in ihrer Familie gerade welche davon übernimmt.

Danach könnte sie das Gespräch mit Holger suchen und mit ihm gemeinsam überlegen, wie für die beiden eine faire Verteilung aussieht. Holger sollte dafür zunächst verstehen, dass er nicht Sarina “helfen” soll, sondern dass es gleichermaßen seine und ihre Verantwortung ist.

Ansprüche überdenken

Sarina ist in einem extrem gepflegten Haushalt aufgewachsen. Es wurde täglich Staub gesaugt und wöchentlich gewischt. Böden und Fenster waren blitzblank, und vor allem lag nichts herum.

Unbewusst misst sich Sarina heute an diesem Standard – auch weil ihre Mutter sie immer wieder für ihre “Unordung” kritisiert. Dabei übersieht sie, dass ihre Mutter nicht berufstätig war – und dass Sarina und ihre Schwester keine Diagnosen hatten. Sarinas heutige Situation ist eine ganz andere, aber trotzdem setzt sie sich unter Druck, eine ähnlich perfekte Wohnung zu haben. 

Realistische Zeitplanung

Sarinas große Stärke ist ihr Organisationstalent. So bringt sie neben ihrer Erwerbsarbeit und der Hausarbeit auch noch eine wöchentliche Therapiestunde für Felix unter und lernt regelmäßig mit der zwölfjährigen Jana, die eine leichte Lese-Rechtschreibschwäche hat.

Doch die gute Organisation wird manchmal zur Falle: Sarina packt oft zu viel in ihren Tag und überfordert sich selbst. Ständig kreisen Gedanken wie “Auf dem Heimweg könnte ich schnell noch Brot holen” durch ihren Kopf. Würde Sarina den Tag realistischer planen – zum Beispiel Fahr- und Wartezeiten stärker berücksichtigen -, könnte sie den Gedankenstrom rigoros unterbrechen. Und sich sagen: Der Tag ist voll. Mehr geht nicht. 

Ungesunde Gewohnheiten durchbrechen

Sarina hat sich im Laufe der Jahre eine Gewohnheit angeeignet, die viele Mütter kennen: Erst die Arbeit, dann die Entspannung. Das klingt vernünftig – führt aber dazu, dass Erholung nie stattfindet, weil ständig neue Aufgaben auftauchen. Diese Gewohnheit verstärkt also den Mental Load, anstatt ihn zu verringern.

Ein Ausweg ist, gezielt neue Routinen zu etablieren. Mentale Techniken wie Autogenes Training helfen, diesen schädlichen Automatismus zu unterbrechen und die eigenen Gedanken bewusst zu steuern. Das schafft Entlastung und hilft gegen das Gefühl, immer fremdbestimmt zu sein.

>> Mehr dazu erfährst du auch in meinem Artikel über Gewohnheiten.

Im Moment präsent sein

Neben eingefahrenen Gewohnheiten spielt auch die innere Haltung eine Rolle. Viele Mütter sind den ganzen Tag über kopfgesteuert: Gedanken an To-dos, Termine und Planungen nehmen viel Raum ein. Umso wichtiger ist es, als Ausgleich immer wieder bewusst ins Spüren zu kommen.

Hier helfen Achtsamkeitsübungen. Eine einfache Möglichkeit ist die Rosinenmeditation: mit allen Sinnen wahrnehmen, wie sich eine Rosine anfühlt, riecht und schmeckt. Solche kurzen Momente schulen die Aufmerksamkeit, unterbrechen das Kopfkino und holen Sarina zurück in den Augenblick. Schritt für Schritt kann sie so ein Gegengewicht zum ständigen Gedankenkreisen aufbauen.

Fazit

  • Mental Load bedeutet, ständig alles im Kopf haben zu müssen – von Terminen über Aufgaben bis hin zu Sorgen.
  • Vor allem Mütter fühlen sich dadurch gestresst, überfordert und oft allein verantwortlich.
  • Entlastung entsteht, wenn Aufgaben fair verteilt, unrealistische Ansprüche losgelassen werden und der Gedankenstrom bewusst unterbrochen wird. Schon kleine Schritte in diese Richtung können spürbar Ruhe in den Alltag bringen.

Wie groß ist dein Mental Load?

Erkennst du dich in Sarina wieder – dieses Gefühl, ständig am Rotieren zu sein, mit dem Kopf voller To-dos? Ein erster Schritt zu mehr Entlastung kann sein, dass  du meinen Blog abonnierst. So erhältst du regelmäßig Impulse für mehr Leichtigkeit im Alltag.

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